Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 18, Enthaltungen: 1

Mit 18 Ja-Stimmen und einer Enthaltung fasst der Gemeinderat den Beschluss:

 

Der Gemeinderat stellt fest, dass ein wichtiger Grund nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 und 6 GemO für das Ausscheiden von Herrn Volker Tottmann vorliegt und dass er aufgrund seiner Erklärung mit sofortiger Wirkung aus dem Gemeinderat der Gemeinde Berglen ausscheidet.

 


Auf die Sitzungsvorlage 3/2022, die Bestandteil des Protokolls ist, wird verwiesen.

 

Nachfolgend erläutert der Vorsitzende den Sachverhalt.

 

Anlässlich der Verabschiedung von Herrn Volker Tottmann als Gemeinderat führt Bürgermeister Niederberger folgendes aus:

 

„Lieber Herr Tottmann, sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderates, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, meine Damen und Herren,

Heute heißt es für uns Abschied nehmen von einer Persönlichkeit, die mehr als ein Vierteljahrhundert in dieser Runde die Kommunalpolitik in Berglen mitgeprägt hat. Sie lieber Herr Tottmann, haben sich entschieden mit dem heutigen Tage von Ihrem Amt als Gemeinderat zurückzutreten. Ohne die Menschen, die sich in vielfältiger Weise in unserer Gemeinde einbringen wären viele Angebote nicht leistbar, wäre unsere Gesellschaft ärmer. Wie sollten Nachbarschaftshilfe, Hilfsdienste, Vereinsangebote denn funktionieren ohne das Engagement vieler Freiwilliger? Ein besonders wichtiges Ehrenamt ist das des Gemeinderats. MitbürgerInnen, welche die sehr wichtige Aufgabe wahrnehmen die Interessen der Bürgerschaft zu vertreten, die Entwicklung ihrer Gemeinde fördern und Verantwortung übernehmen. Die Mitglieder des Gemeinderats üben ihr Mandat ehrenamtlich aus, erhalten für einen großen Einsatz eine kleine Aufwandsentschädigung. Die kommunalen Mandatsträger übernehmen eine Reihe von gesetzlichen Pflichten gegenüber der Gemeinde und „ihren“ Bürgerinnen und Bürgern. Ehrenamtliche Tätigkeit als Gemeinderatsmitglied ist Kern der bürgerschaftlichen Mitverantwortung und gleichzeitig Recht und Pflicht einer Bürgerin oder eines Bürgers. Ohne dieses Engagement könnte man „keine Gemeinde machen“. Das Ehrenamt als Gemeinderat verdient höchsten Respekt und Anerkennung. Für diese Aufgabe muss man unwahrscheinlich viel Bereitschaft mitbringen und sich in vielfältige Themen sowie komplexe Aufgabenstellungen einarbeiten. Neben vielen Sitzungsterminen kommt auch noch eine nicht unerhebliche Vorbereitungszeit mit dem studieren von Sitzungsvorlagen, Einarbeiten in Themen, Abstimmungsgespräche innerhalb der jeweiligen Fraktion und regelmäßige. Workshops, Klausurtagungen, Waldbegehung, Ortsrundgänge und vieles mehr sorgen für zusätzliche Termine. Auch die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass man sich Zeit für Gespräche mit ihnen nimmt und sich ihren Anliegen annimmt. Und dabei benötigt man im Einzelfall mitunter auch ein „dickes Fell“ und ein hohes Maß an Frustrationstoleranz.  Gemeinderäte sind an allen wichtigen und grundlegenden Entscheidungen in der Gemeinde beteiligt und gestalten ihre Gemeinde. Dies macht sehr viel Freude, aber kann manchmal auch anstrengend und belastend sein. Denn, dies ist eine politische Binsenweisheit: man kann es nicht allen Recht machen. Aber dennoch muss man den Menschen sagen, wie es sich richtig verhält, auch wenn sie das vielleicht nicht hören wollen. Als Gemeinderat muss man manchmal ordentlich in den Wind stehen und einiges aushalten können. Insbesondere dann, wenn Unzufriedene ob einer persönlichen Betroffenheit unangemessen gegenüber den Bürgervertreterinnen und -vertretern reagieren. Gerade als langjähriger Gemeinderat hat man da schon vieles erlebt, auch aushalten dürfen, aber bestimmt auch vieles als bereichernd empfunden. Bei aller Unterschiedlichkeit in der Sache muss man kompromissfähig sein und auch Mehrheitsentscheidungen mittragen können – und man muss es auch mal gut sein lassen.

Sie lieber Herr Tottmann gehören dem Gemeinderat schon über 27 Jahre an und sind unser dienstältester amtierender Gemeinderat. Im Jahre 2019 wurden Sie mit der Ehrenstele des Gemeindetags für 25 Jahre ehrenamtliches Engagement geehrt. Das erste Mal wurden Sie mit 51 Jahren, am 12. Juni 1994, auf der Liste der Bürgerlichen Wählervereinigung in den Rat gewählt.

Von 2009 bis 2019 haben Sie das Amt des ersten stellvertretenden Bürgermeisters ausgeübt. In all den Jahren hat Sie stets Ihre ruhige und besonnene Art mit dem Blick für das Wesentliche ausgezeichnet. Bei allen schwierigen Themen und Auseinandersetzungen in der Sache waren Sie stets auch auf den Ausgleich bedacht. Als Mitbürger leben Sie schon seit 1979 in unserer liebenswerten Gemeinde. Sie waren neben Ihrem Mandat als Gemeinde- und Kreisrat auch sehr stark im Ehrenamt tätig, u. a. bei der Ev. Kirchengemeinde. Jahrelange haben Sie das Muttertagsessen im Gemeindehaus in Oppelsbohm organisiert und haben es sich nicht nehmen lassen dort der Chefkoch zu sein. Sie sind in unserer Heimatgemeinde nicht nur gut vernetzt, sondern genießen ein hohes Ansehen. Ihre Ideen und Ihr Wissen haben Sie viele Jahre im Verwaltungs-und Finanzausschuss sowie im Kulturausschuss eingebracht. Bei unseren gemeindlichen Kulturveranstaltungen haben Sie sich gemeinsam mit ihrer Ehefrau engagiert. Sie haben an der Abendkasse mitgewirkt oder auch mal für das leibliche Wohl gesorgt. Sie waren Neuem gegenüber stets aufgeschlossen und ich weiß, dass Ihnen Ihr Amt insgesamt viel Freude gemacht hat. Ich gehe davon aus, dass nun auch ein wenig Wehmut aufkommt. Nach über 27 Jahre im Ehrenamt für die Gemeinde möchten Sie hier nun kürzertreten. Ich bin mir sicher, dass Sie das Geschehen in der Gemeinde auch weiterhin sehr aufmerksam begleiten werden. Sehr geehrter Herr Tottmann, in den vergangenen Jahren- habe ich mir sagen lassen- war es Tradition, dass den ausscheidenden Räten ein Apfelbäumchen überreicht wurde. Ein Baum, der Sie noch lange Zeit an uns und ihr Wirken für Berglen erinnern wird. Diese „Tradition“ möchte ich nicht brechen, natürlich kann aufgrund der Jahreszeit kein Baum gepflanzt werden. Deshalb überreiche ich Ihnen einen Gutschein von einer Baumschule. Suchen Sie sich im Frühjahr ein passendes Bäumchen aus und pflanzen es zur Erinnerung an die Zeit als Gemeinderat in Ihren Garten. Außerdem haben wir Ihnen noch ein Fläschchen Wein auf dem Jahre 1994 besorgt, gönnen Sie sich diesen „guten Schluck“ gemeinsam mit ihrer lieben Frau. Bei ihr möchte ich mich an dieser Stelle auch ganz herzlich bedanken, denn auch Sie hat dieses zeitintensive Ehrenamt auch mitgetragen. Theodor Fontane sagte: „Abschiedsworte müssen kurz sein wie Liebeserklärungen.

Deshalb: Ich wünsche Ihnen, nicht nur persönlich, sondern auch im Namen des Gremiums und auch der Bürgerschaft unserer Gemeinde, alles erdenklich Gute für die Zukunft, beste Gesundheit und nochmals herzlichen Dank für Ihr bisheriges vielfältiges und vorbildliches Engagement.““

 

Herr Tottmann bedankt sich bei der Verwaltung und bei den Gemeinderatskolleg/innen. Er gibt ihnen mit auf den Weg, dass sie den Mut haben sollten, bei überzogenen Wünschen auch mal mit Nein abzustimmen. Bei den zu treffenden Entscheidungen gilt es Weitsicht zu bewahren und auch stets an die Folgekosten zu denken.

 

Abschließend spricht Gemeinderat Scherhaufer im Namen der Fraktion der Bürgerlichen Wählervereinigung seinen Dank für die Mitarbeit im Gremium in den letzten Jahrzehnten aus. Bei Herrn Tottmann konnte man auf einen großen Erfahrungsschatz und Hintergrundwissen zurückgreifen.