Die öffentliche Verwaltung befindet sich bereits seit einiger Zeit in
einem tief greifenden Ver-änderungsprozess. Begriffe wie „Kundenorientierung“,
„Dezentrale Ressourcenverantwor-tung“
und „Wirtschaftlichkeit“ gewinnen immer mehr an Bedeutung. Das bisherige
kamerale Rechnungswesen kann dieser Modernisierungswelle jedoch nicht
standhalten und muss abgelöst werden.
Durch Beschluss der Innenministerkonferenz vom November 2003 sind die
Weichen für das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) gestellt
worden. In einigen Bundesländern sind die Umstellungen bereits weit
vorangeschritten.
Mit dem Beschluss des Gesetzes zur Reform des Gemeindehaushaltsrechtes
vom 22.04.2009 hat der Landtag auch in Baden-Württemberg die rechtlichen
Grundlagen für das NKHR gelegt. Die bisherige zahlungsorientierte
kameralistische Buchführung hat ausgedient und wird vom neuen ressourcenorientierten
Haushalts- und Rechnungswesen abgelöst. Nachdem die Übergangsfrist verlängert
wurde, ist vorgesehen, dass die Kommunen in Baden-Württemberg ihr Haushalts-
und Rechnungswesen spätestens ab dem 01.01.2020 nach dem neuen Haushaltsrecht
führen müssen.
Mit der Einführung des NKHR hält der doppelte Buchungsstil (Doppik)
Einzug in die öffentli-che Verwaltung. Die Doppik wird zum alleinigen
Rechnungsstil. Zahlungsunwirksame Rech-nungsgrößen wie Abschreibungen,
Rückstellungen oder die Auflösung erhaltener Ertragszu-schüsse können künftig
sichtbar gemacht werden. Des Weiteren soll mehr Transparenz im kommunalen
Finanzwesen entstehen und – verbunden mit der Steuerung über die Vorgabe von
Zielen (Output) – auch ein höheres Kostenbewusstsein gefördert werden.
Die Umstellung auf das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen muss
sowohl für den Gemeindehaushalt als auch der Eigenbetrieb Wasserwerk erfolgen.
Mit dieser Umstellung steht ein umfangreiches Projekt an, welches sich über
einen Zeitraum von mehreren Jahren erstrecken wird. Sie betrifft nicht nur die
Bediensteten der Kämmerei, sondern erfordert die Mitarbeit nahezu aller
Bediensteten.
Grundzüge des NKHR
1. Drei-Komponenten-Rechnung
Das NKHR stützt sich auf die Drei-Komponenten-Rechnung. Diese beinhaltet
- den
Ergebnishaushalt / die Ergebnisrechnung,
- den
Finanzhaushalt / die Finanzrechnung und
- die
Vermögensrechnung (Bilanz)
Der jetzige Verwaltungshaushalt entwickelt sich zum Ergebnishaushalt. In
diesem Ergebnishaushalt werden alle Aufwendungen und Erträge einer Kommune
geplant und in der Ergebnisrechnung dokumentiert.
Der Vermögenshaushalt dagegen geht im Finanzhaushalt auf. In ihm bzw. in
der Finanzrechnung werden alle geplanten bzw. alle anfallenden
Einzahlungen und Auszahlungen (aus dem früheren
Verwaltungshaushalt, dem Vermögenshaushalt und dem Sachbuch für haushaltsfremde
Vorgänge) festgehalten.
Die Vermögensrechnung (Bilanz) zeigt auf der Aktivseite die
Vermögensbestände einer Kommune und auf der Passivseite die Finanzierung dieses
Vermögens.
2. Haushaltsplan
Auch im NKHR gibt es eine Haushaltssatzung, in der der Gemeinderat sein
Etatrecht wahrnimmt. Der Haushaltsplan ist wie bisher Bestandteil der
Haushaltssatzung. Er hat jedoch einen neuen Inhalt.
Bestandteile des Haushaltes nach NKHR sind:
- der
Gesamthaushalt (Ergebnis-, Finanzhaushalt und Haushaltsquerschnitt),
- die
Teilhaushalte und
- der
Stellenplan
3. Haushaltsgliederung
Eine Gliederung nach Einzelplänen und Unterabschnitten sowie
Gruppierungen wird es künftig nicht mehr geben. In den Vordergrund treten
vielmehr, die von den Kommunen erbrachten Produkte (Leistungen). Für die
künftige Gliederung werden
Produktbereiche, Produktgruppen und Produkte maßgeblich sein. Diese werden in
sogenannten Teilhaushalten abgebildet.
4. Budgetierung
Die Teilhaushalte sind gleichzeitig als Bewirtschaftungseinheiten
(Budgets) anzusehen. Sie sind bestimmten Verantwortungsbereichen zuzuordnen.
Die Mittel innerhalb eines Budgets sind gegenseitig deckungsfähig, soweit im
Haushaltsplan nichts anderes bestimmt wird.
5. Leistungsziele und Kennzahlen
Wichtiger Bestandteil des neuen Haushaltsplanes sind die Leistungsziele
und Kennzahlen. Diese sind von den Kommunen zumindest für ausgewählte
Schlüsselprodukte zu definieren.
Vorgehen
Die Umstellung wird mit Hilfe verschiedener Teilprojekte erfolgen:
1. Teilprojekt Eröffnungsbilanz
Ziel dieses Teilprojektes ist es, sich Klarheit über den tatsächlichen
Stand des Vermögens und der Schulden zu verschaffen. Die komplette Erfassung
und Bewertung des Vermögens der Kommune wird längere Zeit in Anspruch nehmen.
Bislang ist lediglich das Vermögen der kostenrechnenden Einrichtungen (hier:
Abwasser und Friedhof) erfasst und bewertet. Über eine Inventur und die
anschließende Vermögensbewertung werden schließlich die Daten für die
Eröffnungsbilanz ermittelt.
Für den Bereich des beweglichen Vermögens wird eine Inventurrichtlinie
erstellt. Da die Inventur ab 2020
jährlich erfolgen muss, wird geprüft, ob für die Inventarisierung eine
Software beschafft werden soll. Hier werden die Erfahrungen bereits
umgestellter Gemeinden eingeholt und ausgewertet.
2. Teilprojekt Doppischer Haushalt und Haushaltsplanung
Das Ergebnis dieses Teilprojektes ist die Erstellung eines
Produktplanes. Zunächst muss festgestellt werden, welche Produkte (Leistungen)
die Kommune bereits anbietet bzw.
künftig anbieten möchte. Darauf aufbauend wird der neue Haushalt (Produktplan)
entwickelt. Er bildet künftig das Leistungsspektrum der Kommune anhand der
dargestellten Produktbereiche, Produktgruppen und Produkte ab. Abschließend
muss die kamerale Planung der Einnahmen und Ausgaben auf den neuen Produktplan
übergeleitet werden.
3. Teilprojekt Buchhaltung und Kasse
Das Ziel dieses Teilprojektes ist die Umstellung des Bereiches Buchhaltung
und Kasse auf die Doppik. Hier wird das bereits verwendete Finanzverfahren
Finanz+ der Firma dataplan auf die doppische Variante überführt. Im Rahmen
dieses Teilprojektes werden die entsprechenden Einstellungen vorgenommen und
Testbuchungen durchgeführt.
1 x Kämmerei
1 x Wasserwerk
Der Gemeinderat beschließt die Umstellung auf das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen für den Gemeindehaushalt und den Eigenbetrieb Wasserwerk zum spätest möglichen Zeitpunkt, derzeit den 01.01.2020.