Betreff
Umstellung auf das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR)
Vorlage
SV/096/2015
Art
Sitzungvorlage

Die öffentliche Verwaltung befindet sich bereits seit einiger Zeit in einem tief greifenden Ver-änderungsprozess. Begriffe wie „Kundenorientierung“, „Dezentrale  Ressourcenverantwor-tung“ und „Wirtschaftlichkeit“ gewinnen immer mehr an Bedeutung. Das bisherige kamerale Rechnungswesen kann dieser Modernisierungswelle jedoch nicht standhalten und muss abgelöst werden.

Durch Beschluss der Innenministerkonferenz vom November 2003 sind die Weichen für das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) gestellt worden. In einigen Bundesländern sind die Umstellungen bereits weit vorangeschritten.

Mit dem Beschluss des Gesetzes zur Reform des Gemeindehaushaltsrechtes vom 22.04.2009 hat der Landtag auch in Baden-Württemberg die rechtlichen Grundlagen für das NKHR gelegt. Die bisherige zahlungsorientierte kameralistische Buchführung hat ausgedient und wird vom neuen ressourcenorientierten Haushalts- und Rechnungswesen abgelöst. Nachdem die Übergangsfrist verlängert wurde, ist vorgesehen, dass die Kommunen in Baden-Württemberg ihr Haushalts- und Rechnungswesen spätestens ab dem 01.01.2020 nach dem neuen Haushaltsrecht führen müssen.

Mit der Einführung des NKHR hält der doppelte Buchungsstil (Doppik) Einzug in die öffentli-che Verwaltung. Die Doppik wird zum alleinigen Rechnungsstil. Zahlungsunwirksame Rech-nungsgrößen wie Abschreibungen, Rückstellungen oder die Auflösung erhaltener Ertragszu-schüsse können künftig sichtbar gemacht werden. Des Weiteren soll mehr Transparenz im kommunalen Finanzwesen entstehen und – verbunden mit der Steuerung über die Vorgabe von Zielen (Output) – auch ein höheres Kostenbewusstsein gefördert werden.

Die Umstellung auf das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen muss sowohl für den Gemeindehaushalt als auch der Eigenbetrieb Wasserwerk erfolgen. Mit dieser Umstellung steht ein umfangreiches Projekt an, welches sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstrecken wird. Sie betrifft nicht nur die Bediensteten der Kämmerei, sondern erfordert die Mitarbeit nahezu aller Bediensteten.

 

Grundzüge des NKHR

 

1.  Drei-Komponenten-Rechnung

Das NKHR stützt sich auf die Drei-Komponenten-Rechnung. Diese beinhaltet

  • den Ergebnishaushalt / die Ergebnisrechnung,
  • den Finanzhaushalt / die Finanzrechnung und
  • die Vermögensrechnung (Bilanz)

Der jetzige Verwaltungshaushalt entwickelt sich zum Ergebnishaushalt. In diesem Ergebnishaushalt werden alle Aufwendungen und Erträge einer Kommune geplant und in der Ergebnisrechnung dokumentiert.

Der Vermögenshaushalt dagegen geht im Finanzhaushalt auf. In ihm bzw. in der Finanzrechnung werden alle geplanten bzw. alle anfallenden Einzahlungen  und  Auszahlungen (aus dem früheren Verwaltungshaushalt, dem Vermögenshaushalt und dem Sachbuch für haushaltsfremde Vorgänge) festgehalten.

Die Vermögensrechnung (Bilanz) zeigt auf der Aktivseite die Vermögensbestände einer Kommune und auf der Passivseite die Finanzierung dieses Vermögens.

 

2.  Haushaltsplan

Auch im NKHR gibt es eine Haushaltssatzung, in der der Gemeinderat sein Etatrecht wahrnimmt. Der Haushaltsplan ist wie bisher Bestandteil der Haushaltssatzung. Er hat jedoch einen neuen Inhalt.

Bestandteile des Haushaltes nach NKHR sind:

  • der Gesamthaushalt (Ergebnis-, Finanzhaushalt und Haushaltsquerschnitt),
  • die Teilhaushalte und
  • der Stellenplan

3.  Haushaltsgliederung

Eine Gliederung nach Einzelplänen und Unterabschnitten sowie Gruppierungen wird es künftig nicht mehr geben. In den Vordergrund treten vielmehr, die von den Kommunen erbrachten Produkte (Leistungen). Für die künftige Gliederung  werden Produktbereiche, Produktgruppen und Produkte maßgeblich sein. Diese werden in sogenannten Teilhaushalten abgebildet.

 

4.  Budgetierung

Die Teilhaushalte sind gleichzeitig als Bewirtschaftungseinheiten (Budgets) anzusehen. Sie sind bestimmten Verantwortungsbereichen zuzuordnen. Die Mittel innerhalb eines Budgets sind gegenseitig deckungsfähig, soweit im Haushaltsplan nichts anderes bestimmt wird.

 

5.  Leistungsziele und Kennzahlen

Wichtiger Bestandteil des neuen Haushaltsplanes sind die Leistungsziele und Kennzahlen. Diese sind von den Kommunen zumindest für ausgewählte Schlüsselprodukte zu definieren.

 

Vorgehen

 

Die Umstellung wird mit Hilfe verschiedener Teilprojekte erfolgen:

 

1.  Teilprojekt Eröffnungsbilanz

Ziel dieses Teilprojektes ist es, sich Klarheit über den tatsächlichen Stand des Vermögens und der Schulden zu verschaffen. Die komplette Erfassung und Bewertung des Vermögens der Kommune wird längere Zeit in Anspruch nehmen. Bislang ist lediglich das Vermögen der kostenrechnenden Einrichtungen (hier: Abwasser und Friedhof) erfasst und bewertet. Über eine Inventur und die anschließende Vermögensbewertung werden schließlich die Daten für die Eröffnungsbilanz ermittelt.

Für den Bereich des beweglichen Vermögens wird eine Inventurrichtlinie erstellt. Da die Inventur ab 2020  jährlich erfolgen muss, wird geprüft, ob für die Inventarisierung eine Software beschafft werden soll. Hier werden die Erfahrungen bereits umgestellter Gemeinden eingeholt und ausgewertet.

 

2.  Teilprojekt Doppischer Haushalt  und Haushaltsplanung

Das Ergebnis dieses Teilprojektes ist die Erstellung eines Produktplanes. Zunächst muss festgestellt werden, welche Produkte (Leistungen) die Kommune bereits anbietet  bzw. künftig anbieten möchte. Darauf aufbauend wird der neue Haushalt (Produktplan) entwickelt. Er bildet künftig das Leistungsspektrum der Kommune anhand der dargestellten Produktbereiche, Produktgruppen und Produkte ab. Abschließend muss die kamerale Planung der Einnahmen und Ausgaben auf den neuen Produktplan übergeleitet werden.

 

3.  Teilprojekt Buchhaltung und Kasse

Das Ziel dieses Teilprojektes ist die Umstellung des Bereiches Buchhaltung und Kasse auf die Doppik. Hier wird das bereits verwendete Finanzverfahren Finanz+ der Firma dataplan auf die doppische Variante überführt. Im Rahmen dieses Teilprojektes werden die entsprechenden Einstellungen vorgenommen und Testbuchungen durchgeführt.

 


1 x Kämmerei

1 x Wasserwerk 


Der Gemeinderat beschließt die Umstellung auf das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen für den Gemeindehaushalt und den Eigenbetrieb Wasserwerk zum spätest möglichen Zeitpunkt, derzeit den 01.01.2020.