Betreff
Finanzierungsbedarf der Volkshochschule Winnenden e. V.
Vorlage
SV/605/2020
Aktenzeichen
351.92
Art
Sitzungvorlage

Die Gemeinde Berglen ist kein Mitglied der Volkshochschule Winnenden. Sie bezahlt einen jährlichen Zuschuss in Höhe von pauschal 1.000,00 €. Der Anteil der Kursteilnehmer aus Berglen liegt bei durchschnittlich 11 % pro Jahr.

In einem Gespräch am 10. Juni 2020 wurden die Mitgliedskommunen Winnenden, Leutenbach und Schwaikheim sowie die Gemeinde Berglen über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Volkshochschule Winnenden e. V. informiert. Danach ergibt sich folgende Situation:

Leistungen der vhs für die Raumschaft Winnenden

 

Die Volkshochschule Winnenden hat sich die letzten zehn Jahre einem grundlegenden Veränderungsprozess unterzogen. Neben den klassischen Aufgaben der offenen, für alle zugänglichen Erwachsenenbildung hat sie neue Aufgaben im Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienbildung übernommen und ist insbesondere zu dem Garanten für die sprachliche Integration für Migrantinnen und Migranten in der Raumschaft geworden. Regional und in der Bürgerschaft verankert ist die Volkshochschule Winnenden Teil eines starken bundesweiten Bildungsverbunds und damit eine der bekanntesten Marken Deutschlands, die gerade auch bei Neuzugezogenen aus dem In- und Ausland hohe Bekanntheit genießt und niedrige Zugangshürden setzt.

 

Integration

Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt ist ohne das Erlernen der deutschen Sprache undenkbar. Die VHS Winnenden ermöglicht allen Migrantinnen und Migranten, für die eine Finanzierung gefunden werden kann, das Erlernen der deutschen Sprache. Als Partner des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), des Landes Baden-Württemberg, des Rems-Murr-Kreises und der Gemeinden organisiert die VHS Deutsch-Kurse für unterschiedliche Zielgruppen: Vom Alphabetisierungskurs für Geflüchtete bis zu maßgeschneiderten Angeboten für Firmen und öffentliche Einrichtungen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch fachsprachlich qualifizieren wollen. Baden-Württemberg-weit einmalig ist zudem die Sprachförderung an Grundschulen. Hier fördert die VHS als Partnerin der Grundschulen die Sprachkompetenz von Migrantenkindern.

Mit dem breiten Integrationsangebot der VHS qualifiziert sie Neuzugewanderte für den Arbeitsmarkt und integriert sie als Neubürgerinnen und Neubürger in das Leben der Gemeinden vor Ort. Sie qualifiziert damit viele in ihrer Heimat gut ausgebildeten Fachkräfte sprachlich für eine Berufstätigkeit. Eventuelle Zeiten von Grundsicherungsbezug können so vermieden werden.

 

Bildung für Kinder, Jugendliche und Eltern

Die VHS Winnenden hat die letzten Jahre ein sehr gut angenommenes Programm für Kinder und Jugendliche unter der Überschrift „Junge VHS“ aufgebaut. Ein Schwerpunkt dabei bilden Mathematik- und Englischkurse, die das schulische Angebot ergänzen und insbesondere auf Abitur und Mittlere Reife vorbereiten. Daneben lernen Schülerinnen und Schüler an der VHS das Tastschreiben am PC, Umweltbildung, Computer-Kompetenz, uvm. Kurse bereiten auf den Babysitterausweis des Kinderschutzbundes sowie den Internet-Führerschein vor. Mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten TalentCampus bietet die VHS in Kooperation mit dem Stadtjugendreferat und der Ganztagsschule Winnenden seit 2013 in den Herbstferien eine Theaterwoche an, die bis zu 70 Kindern und Jugendlichen, auch aus sozialen Randgruppen, den Zugang zu kultureller Bildung ermöglicht. Speziell für Eltern sind Angebote, die Mütter und Väter in ihrer Erziehungsarbeit unterstützen. Als Partner des Stärke-Programms des Landes können Eltern anerkannter Gruppen zudem kostenlos an bestimmten Veranstaltungen teilnehmen.

 

Erwachsenenbildung

Die Kernkompetenz der VHS bleibt die Erwachsenenbildung. Die VHS garantiert mit ihren Angeboten lebenslanges Lernen – auch bis ins hohe Alter. Besonders wichtig dabei ist, allen Bürgerinnen und Bürgern die gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. In Zeiten eines sich beschleunigenden digitalen Wandels macht die VHS Winnenden dabei Angebote, die auch ältere Menschen qualifizieren für die digitale Welt. Kurse für Tablets und Smartphones gehören deswegen inzwischen zum Kernangebot der VHS. Kurse zur beruflichen Qualifikation, z.B. AutoCAD, ebenso wie Kurse zu Soft Skills halten Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer fit für den Arbeitsmarkt. Englisch und viele weitere Sprachkurse, die bis hin zu Chinesisch- und Japanischkursen reichen, qualifizieren die Menschen dabei nicht nur beruflich, sondern eröffnen neue Kulturen und tragen dabei zu mehr Weltoffenheit und Internationalität bei. Kurse zur kulturellen Bildung helfen Kunst zu verstehen und fördern die eigene Kreativität. Die VHS kooperiert mit den Gemeinden bei Kulturveranstaltungen wie den Kelterlesungen in Winnenden oder „Kultur mit Biss“ in Schwaikheim. In Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Spaltung sind Angebote der VHS zur politischen Bildung zudem ein wichtiges Element zur Stärkung der Demokratie. Die Gesundheitsbildung mit Bewegungs- und Entspannungskursen und Kursen zur gesunden Ernährung ist praktische Präventionsarbeit und wirkt Wohlstandskrankheiten, die z.B. aufgrund von Bewegungsmangel entstehen, entgegen.

Aktuelle Situation der vhs

 

Die Volkshochschule Winnenden hat nach dem vom Land angeordneten Betriebsverbot für Volkshochschulen alles unternommen, um den finanziellen Schaden für den Verein so gering wie möglich zu halten. Eine frei gewordene Stelle wurde nicht nachbesetzt. Die vhs hat unter hohem zeitlichem Aufwand einen Teil des geplanten Kursprogramms digitalisiert und über das kostenpflichtige Videokonferenzsystem Zoom angeboten. Des Weiteren hat sie Anträge für mehrere Hilfsprogramme gestellt und auch 30.000,00 € Soforthilfe aus dem Programm für kleinere und mittlere Unternehmen des Landes erhalten. Weitere Anträge wurden noch nicht beschieden.

Sowohl Einnahmen aus digitalen Bildungsangeboten, als auch die erhaltenen Hilfsgelder können aber die enormen Einnahmeverluste nicht substanziell ausgleichen. Inzwischen hat das Land einen Großteil des vhs-Kursangebots wieder in Präsenzform erlaubt. Die Hygieneauflagen, die selbst ebenfalls wieder Kosten verursachen, und insbesondere die Abstandsregeln führen aber dazu, dass ein Großteil der kleinen Kursräume in der Marktstraße und Wiesenstraße nicht oder nur noch sehr eingeschränkt nutzbar sind. Die Räume sind angesichts der 1,5m-Abstandsregel weitgehend nicht nutzbar geworden und insbesondere für Integrationskurse, die einen erheblichen Teil der Einnahmen generieren, nicht geeignet.

Das andauernde Verbot des Landes, Schulräume für vhs-Veranstaltungen zu nutzen, verschärft das Raumproblem weiter. Viele private und öffentliche Vermieter haben der vhs zudem in Folge der Corona-Pandemie die Räume ebenfalls gekündigt. Ohne entsprechend große Räume kann die vhs nicht zu einem einigermaßen geordneten Kursbetrieb zurückkehren. Inzwischen konnte die vhs neue Räume für den Kursbetrieb anmieten, was aber ebenfalls zu höheren Ausgaben führt, als ursprünglich vorgesehen waren. Die vhs bemüht sich derzeit intensiv darum, weitere Räume für den Kursbetrieb zu akquirieren, um den Schaden für die vhs möglichst gering zu halten. Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Räumen können aber nur 20 – 30 % des normalen Unterrichtsvolumens digital oder in Präsenzform durchgeführt werden.

Die aktuelle Lage verändert sich täglich, unter anderem aufgrund der gesetzlichen Entwicklungen. Aus diesem Grund unterliegt die Planung der Einnahmen und Ausgaben der vhs sehr großen Unsicherheiten. Die Kalkulation ist nur sehr schwer möglich und kann nur eine Momentaufnahme darstellen. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass sich die nachfolgend genannten Zahlen noch verändern werden.

Im zweiten Nachtragswirtschaftsplan, der Anfang Juni 2020 aufgestellt wurde, zeigt sich ein Einnahmerückgang aufgrund der Corona-Krise um 541.880,00 € (-37 %). Dies kann nicht vollständig durch geringere Ausgaben kompensiert werden. Zwar fallen geringere Ausgaben z.B. für Dozentenhonorare an. Andererseits entstehen auch steigende Ausgaben, beispielsweise zur Umstellung auf das Online-Angebot oder zur Umsetzung der Hygienevorschriften. Insgesamt wurde im 2. Nachtragswirtschaftsplan mit um 301.600,00 € (-20 %) geringeren Ausgaben gerechnet.

Das geplante Ergebnis und der Rücklagenstand verschlechtert sich somit um 240.280,00 €.

 

 

Wirtschaftsplan 2020 -
2. Nachtrag
(Juni 2020)

Wirtschaftsplan 2020
(Nov. 2019)

Veränderung aufgrund Corona-Krise

Geplante Einnahmen

909.120,00 €

1.451.000,00 €

-541.880,00 €

Geplante Ausgaben

1.186.500,00 €

1.488.100,00 €

-301.600,00 €

Geplantes Ergebnis

- 277.380,00 €

- 37.100,00 €

- 240.280,00 €

 

 

 

 

Geplanter Rücklagenstand 31.12.

200.746,26 €

441.026,26 €

- 240.280,00 €

 

Kassenkredit zur Stärkung der Liquidität

 

Aufgrund der erläuterten Entwicklungen und der deutlichen Reduzierung der Rücklage ist zu befürchten, dass bei der vhs Liquiditätsprobleme entstehen. Um dies zu vermeiden wird vorgeschlagen, dass die beteiligten Kommunen Leutenbach, Schwaikheim, Winnenden und Berglen im Bedarfsfall einen zinslosen Überbrückungskredit zur Verfügung stellen.

Die benötigte Höhe und Laufzeit sowie weitere Details zur Ausgestaltung dieses Kredits wird kurzfristig zwischen der vhs und den Vertretern der beteiligten Kommunen vereinbart. Hierzu legt die vhs eine Aufstellung der liquiden Mittel und anstehenden Ein- und Auszahlungen vor.

Die Verteilung des Kreditbedarfs auf die beteiligten Kommunen erfolgt entsprechend des Anteils der bisherigen Zuschüsse pro Einwohner bzw. des festen Zuschusses der Gemeinde Berglen.

 

Mögliche Landesförderung für den anteiligen Verlust aufgrund der Corona-Krise

 

Unter anderem vom Land werden derzeit viele Förderprogramme aufgelegt, die die finanziellen Folgen der Krise abmildern sollen. Die Kommunen sind hierzu aufgefordert, ihre coronabedingten Aufwendungen zu melden.

Wie oben erläutert, entsteht bei der vhs aufgrund der Corona-Krise voraussichtlich ein zusätzlicher Verlust in Höhe von 240.280,00 €. Evtl. wird es eine Möglichkeit geben, dass sich die Kommunen diesen Schaden der vhs über ein Förderprogramm erstatten lassen können. Aus diesem Grund wurden die Anteile der beteiligten Kommunen an diesem Verlust berechnet. Erhält die Kommune hierfür tatsächlich eine Förderung, reicht sie diese an die vhs weiter.

 

Regulärer Zuschuss 2020

Anteil am corona-

bedingten Verlust 2020

Leutenbach
(Einwohner-Zuschuss)

26.534,48 €

56.070,00 €

Schwaikheim
(Einwohner-Zuschuss)

21.641,01 €

45.720,00 €

Winnenden
(Einwohner-Zuschuss)

64.541,17 €

136.360,00 €

Berglen
(Fester Zuschuss)

1.000,00 €

2.130,00 €

Gesamtsumme

157.716,66 €

240.280,00 €

 

Weitere Details zur Berechnung können der Anlage 1 („Verlust vhs Winnenden aufgrund Corona“) entnommen werden.

Gespräche zur Erhöhung der Barzuschüsse

 

Nach der Erstellung des Jahresabschlusses 2020, im Frühjahr 2021, können die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die vhs genauer eingeschätzt werden. Sollte sich zeigen, dass für die weitere Arbeit der vhs eine Erhöhung der Barzuschüsse notwendig wird, werden Gespräche zwischen der vhs und den Mitgliedskommunen geführt und anschließend ggf. den Gremien eine Erhöhung der Barzuschüsse vorgeschlagen.

 


1 x Hauptamt

1 x Kämmerei    


  1. Sofern bei der Volkshochschule Winnenden e.V. (vhs) aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie Liquiditätsprobleme entstehen, wird die Gemeinde Berglen einen zinslosen Kassenkredit (maximal in Höhe des anteiligen Verlusts) gewähren. Dies gilt unter der Maßgabe, dass sich auch die Stadt Winnenden und die Gemeinden Leutenbach und Schwaikheim ebenfalls an diesem Überbrückungskredit beteiligen.

 

  1. Die Gemeinde Berglen wird den Anteil am coronabedingten Verlust der vhs beim Land gemäß der Berechnung in Anlage 1 anmelden. Sollte die Gemeinde hierfür eine Erstattung erhalten, wird sie diese an die vhs weiterreichen.

 

  1. Im Frühjahr 2021 wird mit der vhs die Notwendigkeit einer Erhöhung der Barzuschüsse erörtert und ggf. eine entsprechende Beschlussvorlage dem Gremium vorgelegt.