Betreff
Aktuelle Flüchtlingssituation in der Gemeinde Berglen und kommunale Erwartungen an den Bund
Vorlage
SV/047/2023
Aktenzeichen
484.20
Art
Sitzungvorlage

Ausgangslage (landesweit)

 

Im Jahr 2022 hat BW rund 178.000 Geflüchtete aufgenommen, darunter rund 27.800 Asylbegehrende, rund 146.300 Geflüchtete aus der Ukraine, wovon rund 46.700 vorübergehend in der Erstaufnahme untergebracht wurden, sowie rund 3.400 weitere Einreisende im Rahmen der humanitären Aufnahme.

Damit wurden im Jahr 2022 deutlich mehr Personen aufgenommen als im gesamten Jahr 2015, dem Höhepunkt der damaligen Fluchtbewegungen, und dem Jahr 2016 zusammen.

 

Von Januar bis Juli 2023 haben 20.221 Personen in BW einen Asylerstantrag gestellt.

Dies sind mehr als doppelt so viele wie zur selben Zeit im Vorjahr (9.988). Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)

 

Stand 25.08.2023 befinden sich aktuell 173.267 gemeldete Ukrainische Flüchtlinge in BW. Quelle: Regierungspräsidium Karlsruhe (RPK)

 

Im September hat das Ministerium der Justiz und für Migration BW festgestellt, dass der Zugang von Flüchtlingen stark angestiegen ist, sodass teilweise 300 – 400 Menschen pro Tag nach Baden-Württemberg gekommen sind. Zuletzt (Stand: 25.09.2023) waren an einzelnen Tagen auch Zugänge von über 300 Personen pro Tag zu verzeichnen.

 

Die umfangreiche Aufnahme Geflüchteter während diesen Jahres und der vergangenen Jahre ist ein eindeutiger Beleg dafür, dass die Gemeinden, Städte und Landkreise in Baden-Württemberg sich zu ihrer humanitären Verantwortung, wie kaum anderswo innerhalb der EU, bekennen Nicht zuletzt auch durch die vielerorts weitreichende Unterstützung in Form von bürgerschaftlichem Engagement wurden die verfügbaren Kapazitäten bei der Unterbringung, Begleitung und Integration der Geflüchteten mobilisiert.

 

Gleichwohl ist es auch kommunalpolitische Aufgabe vor Ort die Grenzen des Leistbaren zu erkennen und im Sinne eines gesamtverantwortlichen Handelns auf ein gutes Miteinander innerhalb der Ortsgemeinschaft zu achten. Hierzu gehört auch, dass nicht auf Dauer gegen eine abnehmende Akzeptanz weiter steigender Zugänge von geflüchteten Personen verfahren werden kann.

 

Zwischenzeitlich sind die regulären Aufnahmekapazitäten belegt und die Integrationsressourcen in Kitas, Schulen, ärztlicher Versorgung und Sprachkursen, überlastet. Das Personal in den Ausländerbehörden arbeitet weit über dem Limit. Die Signale aus den Kommunen, dass die Belastungsgrenze erreicht ist und eine Begrenzungsstrategie notwendig wird, haben auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundespräsident a.D. Joachim Gauck aufgegriffen.

 

Bereits im Frühsommer 2023 wurde im „BW-Check“ des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der baden-württembergischen Tageszeitungen zur aktuellen Flüchtlingssituation im Juni 2023 bestätigen 39% der Befragten, dass die Landesregierung das Wohl der Flüchtlinge über das Wohl der Menschen stelle. Im Baden-Württemberg-Trend von infratest dimap im Auftrag des SWR im Juli 2023 erklären mehr als die Hälfte der Baden-Württemberger, dass die Landesregierung und die Verwaltung die aktuelle Flüchtlingssituation „weniger gut“ oder „gar nicht gut“ bewältigen.

 

Nach der jüngsten dbb Bürgerbefragung 2023 des Deutschen Beamtenbundes – durchgeführt von forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH im Juli 2023 – ist das Vertrauen in die Fähigkeit des Staates, seine vielfältigen Aufgaben und Probleme erfüllen bzw. lösen zu können, auf 27 % gesunken (2022: 29 %, 2021: 45 %, 2020: 56 %, 2019: 34 %). 69 % der Befragten sind der Meinung, dass der Staat angesichts der Fülle seiner Aufgaben und Probleme überfordert sei (2022: 66 %, 2021: 51 %, 2020: 40 %, 2019: 61 %). Bei der Überforderung des Staates geht es bei denjenigen, die glauben, der Staat sei überfordert, konkret vor allem um die Asyl- und Flüchtlingspolitik (26 %).

 

Nach dem Baden-Württemberg-Trend von infratest dimap im Auftrag des Südwestrundfunks und der Stuttgarter Zeitung vom 27.09.2023 finden 40 % der Befragten das Thema Zuwanderung/Flucht als das wichtigste politisches Problem. Auch die Umfrage „Baden-Württemberg Report“ des Marktforschungsinstituts Kantar im Auftrag des Zusammenschlusses der privaten Radiosender im Land vom 27.09.2023 stellt fest, dass 41% der Befragten die Zuwanderung nach Deutschland als wichtigste Aufgabe und gesellschaftliche Herausforderung ansehen.

 

 Ausgangslage vor Ort

 

-          73 Geflüchtete aus der Ukraine

-          66 Asylbewerber/innen

-           2 Schüler mit Fluchterfahrung, davon 1 aus der Ukraine

-          12 Kita-Kinder mit Fluchterfahrung, davon 5 aus der Ukraine

-          16 Personen besuchen einen Sprachkurs, davon 13 aus der Ukraine

 


AföO                      1 x     


1.)    Der Gemeinderat nimmt die aktuelle Situation der Flüchtlingsunterbringung und -integration in der Gemeinde Berglen zur Kenntnis.

 

2.)   Der Gemeinderat bekräftigt, dass bei der Unterbringung, Versorgung und Integration vor Ort die Belastungsgrenze erreicht ist.

 

3.)   Die Verwaltung wird beauftragt, im Austausch mit dem Landkreis, den Wahlkreisabgeordneten und den Medien auf die angespannte Situation und die daraus resultierenden Handlungsnotwendigkeiten hinzuweisen.